Sind Abholboxen die Zukunft des Lebensmitteleinzelhandels (LEH)?

  • Abholboxen ersparen den Kunden viel Zeit

  • Händler können ihre Zustellpunkte bündeln und dadurch Lieferkosten reduzieren

  • Spontankäufe bleiben bei Abholboxen auf der Strecke

Den Plan fürs Abendessen schon im Kopf, die Zutaten schon bestellt, kein „Zwischen-den-Regalen-Umherirren“, kein „In-der-Schlange-stehen“. Box auf, Einkauf raus. So einfach ist das Einkaufen mit den neuen Abholboxen, die Edeka mit der Deutschen Bahn in einem Pilotprojekt an zwei deutschen Bahnhöfen testet. Doch woher kommt die Notwendigkeit von Abholboxen?

Die Erklärung ist eigentlich ganz logisch: Durch die voranschreitende Digitalisierung und die ständige Verfügbarkeit von Onlinediensten jeder Art hat sich das Einkaufsverhalten der Menschen stark geändert. Der Kunde hat rund um die Uhr die Möglichkeit, online Informationen über Produkte zu beschaffen und sie zu sich nach Hause liefern zu lassen. Dadurch entsteht im Konkurrenzkampf zwischen Online- und stationärem Handel ein Nachteil für den herkömmlichen Point of Sale vor Ort. Denn: Der Shopper wird ungeduldig und gewöhnt sich an die Bequemlichkeiten des Onlineshoppings. Da Konzepte wie Amazon Fresh längst keine Zukunftsmusik, sondern eine wahre Bedrohung für Supermärkte sind, besteht Handlungsbedarf. Ein Lösungsansatz dafür sind Konzepte mit Abholboxen. Ein Beispiel für ein solches Konzept liefert EDEKA.

Einkauf bei Edeka in Sekundenschnelle

Die Supermarktkette probiert derzeit eine neue Art des Lebensmittelkaufens aus: In Berlin und Stuttgart stehen seit diesem Frühling

zwei große Abholboxen bereit. Die Fassade der Bahnhofsboxen ist im Edeka-Design gehalten und setzt sich aus 52 Schließfächern zusammen. Aus den Kategorien Fleisch/Wurst, Obst & Gemüse, Molkerei-Artikel, Getränke, Drogerie, Tiefkühl – wärmeempfindliche Lebensmittel werden in speziellen Kühlfächern gelagert – sowie Haushalt können die Kunden online aus 7.000 Produkten wählen. Auch Sonderangebote kann man über die Box kaufen.

Unabhängig von Öffnungszeiten holen Kunden hier ihre zuvor bestellten Lebensmittel ab: Auf der Website wählt man das individuelle Abholfenster aus. Einen entsprechenden QR-Code gibt’s bei der Order per Mail. Den QR-Code hält man via Smartphone an die entsprechende Vorrichtung vor Ort an der Box, das Bezahlen erfolgt per ec-Karte. Den Service können Kunden für etwa drei Euro nutzen, die Produkte kosten dasselbe wie im Laden.

Auch Rewe lässt abholen

Aber nicht nur für Pendler ist der Abholbox-Service spannend: Im bayerischen Fürstenfeldbruck steht die deutschlandweit erste Abholbox dauerhaft vor einem Rewe-Markt. Jede Box wird per Hand mit einer nach Wunsch des Kunden befüllten Einkaufstüte bestückt. Dies darf nur während der Ladenöffnungszeiten geschehen, abgeholt werden kann der Einkauf jedoch zu jeder Zeit aus der Box. Was in dem Fach landet, wählt der Kunde über ein Onlineformular aus und bestimmt dabei auch gleich den Abholzeitraum. Per E-Mail erhält der Kunde dann einen Code, mit dem er die Bestellung abholen kann. Bezahlt wird direkt am Automaten mit EC- oder Kreditkarte.

Abholboxen – Der bessere POS?

Kein Anstehen, kein Produktezusammensuchen. Abholboxen sparen Zeit. Aber nicht nur für den Kunden haben solche Abholboxen Vorteile: Händler, die auch einen Lieferservice anbieten, können bei diesem Service ihre Zustellpunkte bündeln und damit Zustellversuche reduzieren. Sinkende Lieferkosten sind die Folge.

Was aber auf der Strecke bleibt, sind Spontankäufe. Diese aber sind es, die das Potenzial des POS ausmachen. Hier wird der Kunde mit den unterschiedlichsten Marketingmaßnahmen – bunte Displays, Gewinnspiel- und Sammelaktionen oder schillerndes Produktdesign – direkt am Verkaufsort angesprochen. Sind diese Maßnahmen erfolgreich, führen sie zu Impulskäufen beim Kunden. Denn 68% aller Käufe werden erst am POS endgültig entschieden (laut der „Store Effects“ – Studie der GfK). Kunden überlegen sich in der Regel nicht genau, welches Produkt oder welche Marke im Einkaufswagen landet. Vieles findet seinen Weg spontan in die Einkaufstüte. Ungeplant. Kreative und gute POS-Maßnahmen können also deutlich zu mehr Abverkauf führen.

Blick in die Zukunft

Wie die Kunden die Abholboxen annehmen, lässt ein Beispiel der britischen Supermarktkette asda erahnen. Die Walmart-Tochter kaufte 15 Tankstellen und errichtete dort Abholstationen für Kunden, die nicht bis in die Supermärkte fahren wollen. So kann die Kette neue Kunden gewinnen, die sogar ihren gesamten Wocheneinkauf an der Tankstelle erledigen.

Auch Kaufland testet derweil Pick-Up-Stationen und sammelt erste Erfahrungen. Hier ist das Konzept mittlerweile schon so weit, dass Kaufland die Abholzeiten an die Kundenfrequenz anpasst und an Pendlerstrecken die Abholung unter der Woche nur noch abends ermöglicht, da schließlich niemand seine gekühlten Einkäufe den ganzen Tag im warmen Büro liegen haben möchte.
Die Beispiele zeigen, dass die Abholbox in der Zukunft eine immer größere Rolle im LEH spielen wird. Auch wenn die Konzepte bisher noch in der Probephase sind, zeigen die Abholstationen, dass der stationäre Handel es mit viel Kreativität weiterhin mit der Onlinekonkurrenz aufnehmen kann.

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