Kundenbindung auf eRezept: Wie Industrie und Großhandel Apotheken bei der Einführung und Vermarktung des digitalen Rezepts unterstützen können

  • Durch das E-Rezept können sich Vor-Ort-Apotheken neu positionieren

  • Digitale Sichtbarkeit wird für Apotheken immer wichtiger

  • Großhandel und Industrie können Vor-Ort-Apotheken bei der Kundenbindung mithilfe des E-Rezepts unterstützen

Großer Schritt in der Healthcare-Branche und im Pharma-Marketing: Das eRezept ist da. Zumindest läuft seit Juli 2021 der Test in Berlin und Brandenburg. Hier wird mit den ersten Apotheken bereits erprobt, wie gut der neue Prozess und die Infrastruktur funktioniert. Technische Fehler und Hürden sorgten bereits dafür, dass der Test bereits bis Ende November verlängert werden muss. Fehlende Software-Updates hatten zudem die Teilnahme an den Tests erschwert. Das eRezept soll dennoch ab Januar 2022 die Karten im Vertrieb von Arzneimitteln endgültig neu mischen: Wo bisher lokale Apotheken zunehmend digital versierte Kunden an Versandapotheken verloren, bringt das eRezept nicht nur die Notwendigkeit, sondern vor allem die Chance für Vor-Ort-Apotheken, ihre eigenen Strukturen zu digitalisieren und Kunden (wieder) für ihre unkomplizierten, persönlichen Verkaufsprozesse zu begeistern.

Auf technischer Seite hat der Deutsche Apothekerverband an der Planung, Ausgestaltung und Einführung des eRezepts unmittelbar mitgewirkt und so die Interessen der Vor-Ort-Apotheken berücksichtigt. Es ist nun an den Apothekern, die Einführung des eRezepts für die Modernisierung und Vermarktung ihrer Standorte zu nutzen.

Industrie und Großhandel können die Apotheken dabei unterstützen. Dafür müssen die Veränderungen, die das eRezept mit sich bringt, erkannt und gewinnbringend aufgegriffen werden.

Das eRezept – kurz erklärt

Das eRezept ist eine digital erstellte und signierte Version des herkömmlichen Papier-Rezepts. Ab Januar 2022 wird nur die Umstellung auf das eRezept für die Verordnung verschreibungspflichtiger Arzneimittel (das „rosa“ Rezept; Rx) verpflichtend. Weitere Rezepte sollen nach und nach folgen.

Für Patienten bedeutet das eRezept weniger Aufwand und mehr Flexibilität dabei, wann und wo sie es einlösen. Für Ärzte und Apotheken weniger Bürokratie und mehr Zeit für die Arbeit am Patienten bzw. Kunden. Dafür benötigen sie in ihrer Praxis- bzw. Apotheken-Software entsprechende Schnittstellen an das eRezept-System der gematik. Entsprechende Software-Updates werden von den Anbietern bereitgestellt.

eRezept QR-Code auf Handy

Für die Übermittlung des eRezepts stellt die gematik im Hintergrund eine datenschutzkonforme und sichere Infrastruktur bereit. Rezeptinformationen sind hier verschlüsselt abgelegt. Diese können vom Kunden per Smartphone verwaltet oder vom Arzt ausgedruckt werden. Kunden können Apotheken dazu berechtigen, per Datamatrix-Code die Daten abzurufen, um das Rezept einzulösen. Das gilt für Onlineapotheken wie für Vor-Ort-Apotheken.

Wie das eRezept Begegnungen zwischen Arzt, Patient und Apotheker verändert

Die elektronische Verarbeitung der Daten ermöglicht Ärzten und Apothekern neue Einblicke in die Arbeit der jeweils anderen Seite. Ärzte können sehen, welche Entscheidungen Apotheken über die eingelösten Arzneimittelverordnungen getroffen haben: Welche Generika wurden ausgegeben? Wie hat der Apotheker im Notdienst bei der Ausgabe über die zwar vorhandenen, aber zu kleine Arzneimittelabpackungen entschieden?

Möglicherweise wird manches zu Unverständnis auf Seiten der Ärzte führen, wenn Apotheker Rezepte in Eigenverantwortung umsetzen. Apothekern eröffnet sich hier aber die Chance, auf Augenhöhe zu kommunizieren und sich als Arzneimittelexperten zu positionieren.

Für Patienten macht das eRezept das Einlösen ihrer Rezepte leichter. Das wissen nur viele noch nicht. Deutlich mehr als die Hälfte der Bundesbürger hat ein halbes Jahr vor dessen Einführung noch nie vom eRezept gehört, so das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der ABDA. Gerade beim Erhalt von Folgerezepten und beim Einlösen von Rezepten können die neuen Infrastrukturen aber den Erwerb von Medikamenten sehr bequem machen.

So wird innerhalb der Apothekerbranche der Konkurrenzdruck vermutlich weiter steigen. Versandapotheken unterbieten dann nicht mehr nur die Preise der Vor-Ort-Apotheken, sondern bieten das komfortablere Einlösen der Rezepte per Knopfdruck. Entscheidend wird sein, dass Apotheken es schaffen, auf die Hoffnungen und Befürchtungen ihrer Kunden adäquat und proaktiv zu reagieren:

Hoffnungen und Befürchtungen der Apotheken-Kunden

Laut der Studie der ABDA steht die Mehrheit der Bevölkerung der Einführung des eRezept neutral gegenüber. Aufgeschlüsselt nach Altersgruppen werden Akzentuierungen sichtbar: Die Hälfte der unter 30-Jährigen erwartet Vorteile von der Einführung und immerhin noch 40 % erwarten weder Vorteile noch Nachteile. Je älter die Befragten, desto geringer ihre positive Erwartungshaltung. Unter den über 60-Jährigen hoffen nur noch 15 % auf Vorteile, die das eRezept bringen könnte.

Besonders fürchten sie den Verlust von Beratungsleistungen und persönlichen Kontakten. Sie vermuten, dass Versandapotheken lokale Apotheken verdrängen werden, weil im Zuge der Umstellung auf das eRezept die Online-Bestellung für viele Kunden noch attraktiver werden könnte. Auch sind sie besorgt um den Schutz ihrer Daten. Auf der anderen Seite wünschen sich die Menschen auch den Komfort, den eRezepte mit sich bringen werden: beispielsweise der Wegfallt des Arztbesuchs, um ein Folgerezept zu erhalten oder das digitale Einlösen eines Rezepts. Auch erhoffen sich die Bürger einen erhöhten Umweltschutz, weil mit Einführung des eRezepts Papier gespart werden kann. Das bestätigt auch die Umfrage Datapuls 2021 des Kommunikationsdienstleisters Socialwave, wonach ein Großteil der befragten Menschen, bei den Vorteilen des eRezepts am häufigsten „weniger Papierkram“ (80 Prozent) nennt.

Apotheken müssen ihre Vorteile gegenüber den Versandapotheken geschickt ausspielen, um nicht vom Markt gedrängt zu werden

Es werden zwei wesentliche Ansatzpunkte sichtbar:

  • Kunden hoffen auf eine Vereinfachung der Prozesse: Und genau diese müssen die Apotheken ihnen bieten. Versandapotheken werden das automatisch tun. Lokale Apotheken sollten jetzt umrüsten, um die Vorteile des eRezept voll auszuschöpfen.
  • Auf der anderen Seite stehen die Befürchtungen der Kunden: Sie wollen weiterhin beraten werden und möchten, dass ihre Daten sicher sind. Hier können Vor-Ort-Apotheken eindeutig punkten!

Es ist an der Zeit für die stationären Apotheken, sich neu zu inszenieren als moderne Einrichtung für die Gesundheit. Wer es jetzt schafft, die bevorstehenden Veränderungen aufzugreifen und den frischen Wind für den eigenen Kurs auszunutzen, hat die Chance, nicht bloß gegen den Versandhandel zu bestehen ­­­­­­­– sondern erfolgreicher zu werden!

So nutzen Apotheken das eRezept zur Kundenbindung entlang der Customer Journey

Die Customer Journey beginnt für Apothekenkunden schon vor dem Arztbesuch. Sie beginnt bestenfalls noch vor der Krankheit: Wenn Apotheken es schaffen, sich als Institution für Gesundheit zu positionieren, sind sie auch in Vorsorgefragen schon Ansprechpartner. Daraus ergeben sich die drei Phasen der Customer Journey: Wahrnehmung und Erwägung, Kauf – sowie Service und Beziehungspflege.

Customer Journey mit eRezept

Phase 1: Wahrnehmung und Erwägung

Kunden können ihre eRezepte nur da einlösen, wo sie eine Apotheke kennen. Darum müssen Apotheken von potenziellen Kunden wahrgenommen werden. Hierbei hilft es, wenn Apotheken sich selbst als ersten Kontaktpunkt in Gesundheitsfragen verstehen und etablieren. Vor-Ort-Apotheken haben dabei gegenüber Versandapotheken einen entscheidenden Vorteil: Sie können digital präsent sein (und sollten es auch!) und gleichzeitig sind sie auch lokaler, persönlicher Ansprechpartner. Für die Online-Präsenz gibt es Pflicht und Kür für die Vor-Ort-Apotheken. Denn eine gute Auffindbarkeit in Suchmaschinen, insbesondere bei Google, müssen mindestens durch die Eintragung in Verzeichnissen und Kartendiensten gefördert werden. Was früher der Eintrag im Telefonbuch war, umfasst heute das komplette Spektrum von Google My Business bis zu Apple Maps. Nur ein vollständiger und korrekter Eintrag führt den Kunden bei der lokalen Suche im richtigen Moment zur Apotheke. Darüber hinaus spielen Profilseiten in sozialen Netzwerken wie Facebook eine immer wichtigere Rolle. In diesem Zusammenhang nimmt auch die Bedeutung von Reputation Management zu, um Kunden mit gezielt geförderten positiven Kundenbewertungen zu überzeugen. Suchmaschinen-Anzeigen sowie gezielte Marketing-Aktivitäten in sozialen Netzwerken und auf der Website bilden die Kür für die wachstumsorientierte Apotheke.

Mit einem maßgeschneiderten Ansatz fürs Online-Marketing in der Healthcare-Branche generieren Apotheken mehr Aufmerksamkeit, wenn sie aktiv auf (potenzielle) Kunden zugehen. Mit Serviceangeboten rund um Beratung und Aufklärung können sie Interessenten bei der Gesundheitsvorsorge unterstützen und dadurch Bekanntheit und Vertrauen schaffen.

Nicht nur in gesundheitlichen Fragen kann die Apotheke ihre (zukünftigen) Kunden unterstützen: Auch und gerade in Themen rund um die Digitalisierung besteht Informationsbedarf. Wenn die Vor-Ort-Apotheke es schafft, Berührungsängste und Misstrauen in digitale Wandlungsprozesse zu nehmen, schafft sie Akzeptanz für Digitalisierung und Vertrauen in die eigene Expertise.

Da die Bundesbürger mit der Einführung des eRezept besonders um die beratende Funktion der Apotheken fürchten, lohnt es sich, in diesem Bereich immer wieder durch Angebote aufzufallen. Die Beratung darf und soll dabei auch die Einführung des eRezept selbst zum Gegenstand haben.

Phase 2: Kauf

Die Art, wie Menschen einkaufen, hat sich verändert. Große Onlinehändler bieten ein einfaches Online-Verkaufserlebnis und Kommissionier-Systeme, die die Lieferung der bestellten Waren zum Teil noch am selben Tag, spätestens jedoch nach einem bis zwei Tagen ermöglichen. Und das versandkostenfrei. Gleichzeitig ist Rund-um-die-Uhr-Einkaufen zum Standard geworden. Das allgemeine digitale Einkaufserlebnis ist der Maßstab, an dem sich sowohl stationäre als auch Versandapotheken orientieren müssen, um zu bestehen.

Das eRezept erleichtert Apotheken, digitale Vertriebsinfrastrukturen herzustellen, die konkurrenzfähig sind. Dafür gibt es bereits jetzt Anwendungen, die verschiedene Funktionen eines Online-Shops bieten. Die also beispielsweise den Kaufprozess abwickeln, die Tourenplanung für den Botendienst übernehmen und eine DSGVO-konforme Chatfunktion bereithalten. Das eRezept schafft die Grundlage, auch rezeptpflichtige Medikamente ganz ohne direkten Kontakt auszuliefern.

Für Apotheken stellt sich die Frage, wie sie ihren Absatz künftig auch digital sichern möchten: Die individuellste Lösung ist dabei der eigene Onlineshop, der abhängig von der Technik, den Abläufen und Schnittstellen an die Apothekensoftware und andere genutzte Dienste angelegt werden kann und komplett am eigenen Kundenprofil ausgerichtet wird. Diese maßgeschneiderte Lösung geht natürlich mit einem höheren Aufwand und höheren Investitionen einher und sollte daher abhängig von der mittelfristigen Strategie der Apotheke geprüft werden. Der Einsatz einer standardisierten Lösung, zum Beispiel in Kooperation mit dem Großhandel, bedeutet dagegen natürlich deutlich weniger Aufwand. Der große Aufwand hinter diesen Lösungen stemmt der Partner nur durch die Bündelung einer großen Zahl von Apotheken. Das nutzt dem einzelnen Apotheker genauso wie dem Großhändler, denn in der Regel sind auch direkt reichweiten-starke Apps wie gesund.de angebunden. Das spart im Einzelnen Zeit und Geld, sodass für die Apotheke mehr Ressourcen für das Kerngeschäft bleiben.

So können auch stationäre Apotheken das Einkaufen außerhalb der Öffnungszeiten ermöglichen und mit einem lokalen Botendienst die Versandzeiten der Onlinehändler sogar noch unterbieten. Mithilfe von Abholterminals kann die Übergabe von Medikamenten auch gänzlich von Dienst- und Öffnungszeiten abgekoppelt werden. An dieser Stelle kann der Medikamentenerwerb über eine lokale Apotheke sogar noch attraktiver werden als der über Versandapotheken – die Kunden müssen nur davon wissen!

Phase 3: Service und Beziehungspflege

Mit Einführung des eRezept (und Einwilligung der Kunden) können Kunden an bevorstehende Folgerezepte erinnert werden. Diese können die Apotheken eigenständig ausstellen und so den Erwerb für den Kunden noch einfacher gestalten. Gerade die jüngere Generation chronisch kranker Menschen ließe sich dann in einer Art Abo-Modell langfristig als Kundschaft binden.

Die Einführung des eRezept könnte es den Apotheken zusätzlich zum eMedikationsplan auch einfacher machen, mögliche Wechselwirkungen zwischen Medikamenten zu erkennen. Apotheken können hier ihre Beratungskompetenz ausspielen, bewusst auf solche Wechselwirkungen achten und ihren Kunden dadurch einen großen Mehrwert bieten.

Auch nach Kaufabschluss haben Apotheken die Chance, für ihre Kundenbindung tätig zu werden: Sie können als Ansprechpartner für Fragen und Probleme erreichbar bleiben – auch digital mit niederschwelligen Kontaktangeboten per Telefon, Chat oder Mail.

Konkrete Tipps für den Großhandel und die Industrie, Apotheken in der Kundenbindung mithilfe des eRezepts zu unterstützen

Aus den bisherigen Überlegungen wird vor allem eins deutlich: Versandapotheken könnten die großen Gewinner der Umstellung auf das eRezept sein. Müssen sie aber nicht, wenn die stationären Apotheken rechtzeitig und konsequent reagieren.

Dann können die Vor-Ort-Apotheken ihre spezifischen Stärken betonen, nutzen und ausbauen – um sogar besser als Versandapotheken zu werden. Und das wird in diesem Ausmaß erst durch Einführung des eRezepts möglich. Industrie und Großhandel können die Apotheken darin ganz praktisch unterstützen.

Großhandel und Vor-Ort-Apotheken

Marketing in der Wahrnehmungs- und Erwägungsphase

Apotheken sind Experten in Gesundheitsbelangen. Mit Umstellung auf das eRezept wird die Digitalisierung in der Healthcare-Branche für alle Menschen ein fester Teil ihrer Gesundheitsbelange werden. Also sollten Apotheken sich darauf einstellen, auch und gerade im Bereich des eRezepts informiert zu sein, um Kundenfragen kompetent begegnen zu können. Apotheken können auch mit (Informations-)Veranstaltungen rund um das eRezept auf ihre Kunden zugehen. Insbesondere Angebote für die ältere Kundschaft können helfen, Ängste und Sorgen zu nehmen und diese Kunden enger an die Apotheke zu binden.

Industrie, Großhandel und Apothekenkooperationen können Apotheken dazu Flyer, Plakate und vorgefertigte Social-Media-Kampagnen zur Information der Kunden vor Ort und im Internet bereitstellen. Auch Informationsmaterial oder Schulungen für die Apothekenmitarbeiter sind sinnvoll, weil gerade sie im Kontakt mit Kunden die Chance haben, durch ihr Expertenwissen und eine positive Einstellung das Vertrauen der (potenziellen) Kunden zu gewinnen. Wichtig ist, dass Apotheken mit Optimismus und Wissen auf die Fragen, Sorgen und Wünsche ihrer (potenziellen Neu-)Kunden reagieren können.

Industrie, Großhandel und Apothekenkooperationen können auch attraktive Kampagnen für Apotheken entwickeln, die diese nutzen, um bei ihren Kunden die Wahrnehmung für ihre Kompetenz und Proaktivität in Sachen eRezept zu demonstrieren. Das kann informierend oder image-bildend sein, wie die laufenden Kampagnen des Apotheken-Verbands und von DocMorris. Aber gerade um Ängste und Vorbehalte zu adressieren, können diese Kampagnen auch unterhaltsam und aktivierend sein. Zum Beispiel: „eRezept? Können wir schon lang. Reichen Sie ihr liebstes E(intopf)-Rezept ein. Die besten 30 werden in einem Kochbuch veröffentlicht und an alle Teilnehmenden verschenkt.“

Marketing in der Kaufphase

Das eRezept und der damit verbundene digitale Kanal zum Kunden kann genutzt werden, um das Marketing in der Kaufphase zu ergänzen. Apps von Apothekenkooperationen, in denen das eRezept direkt integriert ist, werden sehr wahrscheinlich mehr Zugriff von Nutzern verzeichnen und bieten damit für die teilnehmende Apotheke bessere Möglichkeiten, ihre Kunden mit Botschaften zu erreichen. Auf diese Weisen erhalten ein aktuelles Angebot oder sogar ein eCoupon in der App mehr Reichweite. Damit erhöht sich auch die Chance, Mehrumsatz zu generieren, nicht nur, wenn das eRezept beim nächsten Apothekenbesuch vor Ort eingelöst wird. Auch schon die Wahrnehmung für ein neues oder reduziertes OTC-Produkt kann eine Kaufabsicht schaffen, die nicht nur beim Einlösen des eRezepts zu einem zusätzlichen Kaufimpuls führt. Online-Shop und Lieferdienst unterstützen diesen Impuls zusätzlich.

Daneben bietet das eRezept auch auf konventionellem Weg eine Möglichkeit, Kaufimpulse zu setzen. Die bequeme und schnelle Abwicklung des eRezepts gibt der Apothekerin und dem Apotheker mehr Zeit, Kunden zusätzlich zu beraten und sie auf Angebote hinzuweisen. So wird aus dem Gespräch und einem dabei erkannten Bedarf zusätzlicher Umsatz geschaffen. So kann das eRezept auch ganz „undigital“ helfen, dem klassischen Beratungsgespräch mehr Raum zu geben.

Marketing in der Service- und Beziehungspflegephase

Die neue Möglichkeit, Folgerezepte auszustellen, bietet in dieser Phase auch die Möglichkeit einer automatisierten Kontaktaufnahme des Kunden: Sein Einverständnis vorausgesetzt, kann per Mail oder Push-Benachrichtigung in der App eine Erinnerung an das Folgerezept erfolgen. Dadurch erinnert die Apotheke nicht nur an die fortlaufende Versorgung mit dem Medikament, sondern bringt sich auch beim Kunden selbst wieder in Erinnerung. Gerade die Apps der Apotheken-Kooperationen bieten dafür die perfekte Grundlage. Aber auch ein zentral gesteuerter Newsletter-Versand, personalisiert für die jeweilige Apotheke, entlastet den einzelnen Apotheker enorm. So kann auch ohne Einsatz der App eine kundenindividuelle E-Mail ausgelöst werden, um den Kunden auf sein Folgerezept hinzuweisen. Gerade das Medium E-Mail kann in diesem Zusammenhang Vorteile mit sich bringen, da es mehr Raum für zusätzliche Hinweise auf aktuelle Beratungsinhalte bietet, z. B. auf der Website oder in der Apotheke. Und natürlich auch auf Angebote im Bereich von OTC-Arzneimitteln und freiverkäuflichen Artikeln – ein Banner in der Erinnerungsemail mit dem „Angebot des Monats“ wird so oft sogar als Service und nicht als Werbung wahrgenommen.

Neben der Bewerbung ermöglicht der digitale Kanal auch die Möglichkeit, den Kunden um eine Rezensionen zu bitten. Kundenbewertungen spielen nicht nur im eCommerce eine erwiesenermaßen bedeutende Rolle, sie sind auch ein relevanter Faktor, um einen Internet-Nutzer bei seiner Suche in einen Apothekenbesucher zu konvertieren. Eine US-Studie von BrightLocal (https://www.brightlocal.com/research/local-consumer-review-survey/) zeigt, dass 9 von 10 Internetnutzern online Bewertungen von lokalen Anbietern und Einkaufsstätten lesen – und der Gesundheitssektor steht bei den betrachteten Branchen auf Rang 3. Ein Minimum an 4 Sternen und aktuelle Bewertungen werden dabei besonders stark gewichtet. Diese Studienergebnisse verweisen auf Trends, die auch auf dem deutschen Apotheken­markt Relevanz haben. Der Kundenkontakt über Apps und Newsletter im Kontext zum eRezept kann hier also einen wichtigen Beitrag leisten, den wichtigen Impulsgeber Online-Rezensionen zu fördern.

Fazit

Natürlich gibt es auch weiterhin Unwägbarkeiten und Risiken, aber das eRezept ist eine Chance für Apotheken, sich neu zu positionieren, ihre Vertriebskanäle und Präsenz zu erweitern und schließlich nicht nur so gut wie Versandapotheken zu werden, sondern sogar besser. Künftig schafft die vollständige Vernetzung aller digitaler Angebote wie eRezept, elektronische Patientenakte und die E-Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung weitere Möglichkeiten für die Apotheke. Das eRezept ist also nur der Anfang der digitalen Reise in der Healthcare-Branche.

Großhandel, Apothekenkooperationen und Systemanbieter sollten ihre Aufgabe darin sehen, die Apotheken für dieses große Potenzial zu sensibilisieren und sie auf dem Weg der Umsetzung zu unterstützen. Dafür können sie ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen, Informationen bereitstellen und mit technischem Know-how sowie Kommunikationsmaterial unterstützen. Denn die Anbieter der Warenwirtschaftssysteme gehen mit unterschiedlichem Tempo und Eifer an die Entwicklung und Umsetzung von Schnittstellen zum eRezept heran. Für Apotheker ein guter Zeitpunkt, zu prüfen, welche Vorteile ihnen künftig geboten werden und vor diesem Hintergrund auch die bestehende Software-Landschaft kritisch zu prüfen.

Die bevorstehende verpflichtende Einführung des eRezepts sollte Apotheken ein Anlass sein, digital sichtbar(er) zu werden: Ein eigener Onlineshop oder die Nutzung der Kooperationsangebote des Großhandels erweitern die Absatzmöglichkeiten. Content Marketing rund ums eRezept und die Präsenz auf Social-Media-Kanälen binden Stammkunden an die Vor-Ort-Apotheke und können helfen, neue Kunden hinzu zu gewinnen. So nutzen Apotheken die Einführung des eRezept um ihr Selbstverständnis und ihre Außenwirkung an eine immer digitalere Gesellschaft anzupassen und relevant zu bleiben.